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Ausgabe:

Mai/2015

Spalte:

559

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Im Auftrag d. Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) hrsg. v. Amt d. VELKD. Red.: J. Hund u. H.-O. Schneider

Titel/Untertitel:

Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Ausgabe für die Gemeinde.

Verlag:

6., völlig neu bearb. Aufl. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2013. 976 S. Geb. EUR 39,99. ISBN 978-3-579-06473-4.

Rezensent:

Walter Klaiber

Anders als etwa in den reformierten Kirchen kennen die lutherischen Kirchen ein klar umrissenes Korpus von Bekenntnisschriften, nämlich die im Konkordienbuch von 1580 zusammengefassten altkirchlichen Bekenntnisse und Dokumente der Lehrstreitigkeiten der Reformationszeit. Seit 1930 gibt es eine zuverlässige wissenschaftliche Edition dieser Schriften (Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-lutherischen Kirche 1930; 13. Aufl. 2010). Eine Neuedition war für November 2014 angekündigt. Allerdings sind nur in wenigen lutherischen Kirchen alle diese Schriften verpflichtend. Und für die Verkündigung und das Bewusstsein in den Gemeinden scheinen sie eine sehr geringe Rolle zu spielen. An Versuchen, sie bekannter zu machen, hat es jedoch nicht gefehlt. Seit 1986 liegt mit Unser Glaube. Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche eine Ausgabe für die Gemeinde vor, die bis 2004 fünf (überarbeitete) Auflagen erlebt hat. Jetzt ist eine »völlig neu bearbeitete Auflage« erschienen. Worin liegen die Unterschiede? Einerseits ist sie umfangreicher. Von der Konkordienformel ist auch die Solida Declaratio aufgenommen und die Apologie wird mit dem ausführlicheren Text der Editio secunda (Oktavausgabe) geboten. Im Anhang erscheint die Leuenberger Konkordie, ausdrücklich nicht als zusätzliche Bekenntnisschrift, aber als wichtiges Dokument für das heutige Verständnis dieser Schriften deklariert.
Andererseits ist die Ausgabe schon drucktechnisch sehr viel lesefreundlicher geworden und die neuen Übersetzungen bzw. Übertragungen sind insgesamt lesbarer. Es wird sehr viel seltener die entsprechende lateinische Begrifflichkeit in Klammern eingeschoben – was manche bedauern, andere als Hilfe empfinden werden. Die altkirchlichen Bekenntnisse sind nur noch in den heutigen ökumenischen Fassungen abgedruckt, die Hauptstücke des Kleinen Katechismus in der Fassung, die auch im Evangelischen Ge­sangbuch steht. Leider gibt es für die wichtigste Bekenntnisschrift, die Augsburger Konfession, keinen allgemein anerkannten Text in heutigem Deutsch. Eigentümlich ist, dass ihr Text nicht wie bisher üblich nach der Fassung der kritischen Ausgabe, sondern nach der Editio Princeps von 1531 geboten wird, was z. B. bei Art. IV (Von der Rechtfertigung) zu irritierenden Unterschieden führt. Bei Art. X (Vom Heiligen Abendmahl) wird auch die Fassung der Variata von 1540 abgedruckt!
Die Anmerkungen beschränken sich auf den Nachweis von Bi­belstellen, Herkunft von Zitaten und Erklärungen zu Personen und zu Sachverhalten, deren Kenntnis bei Nichttheologen vorausgesetzt werden kann. Zusätzliche theologische Erläuterungen sind ausgeklammert. Nur wo inzwischen ökumenische Gespräche neue Erkenntnisse erbracht haben, z. B. durch die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1999 oder die Vereinbarung mit den Mennoniten von 2011, wird dies (wie in der 5. Auflage) relativ ausführlich dokumentiert. Darüber, was erklärungsbedürftig ist, werden die Meinungen auseinandergehen, aber es dürfte eine vernünftige Auswahl getroffen worden sein, die Leser und Leserinnen auch nicht mit Informationen überhäuft.
Insgesamt macht die Neuausgabe trotz ihres Umfangs einen sehr einladenden Eindruck. Ob sie den Bekenntnisschriften mit ihrem für uns heute eher sperrigen Inhalt mehr Interesse verschaffen kann, muss abgewartet werden.