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Ausgabe:

September/2016

Spalte:

917–918

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Acta Cusana. Quellen zur Lebensgeschichte des Nikolaus von Kues. Nach Vorarbeiten v. H. Hallauer u. E. Meuthen hrsg. v. J. Helmrath u. Th. Woelki. Bd. II, Lfg. 2

Titel/Untertitel:

1. Juni 1453 – 31. Mai 1454.

Verlag:

Hamburg: Felix Meiner Verlag 2016. VIII, S. 449–711. Kart. EUR 198,00. ISBN 978-3-7873-2769-0.

Rezensent:

Karl-Hermann Kandler

Wie schon Band I (in vier Lieferungen) und Band II, Lieferung 1, bietet dieser Band alle Quellen zur Lebensgeschichte des Nikolaus bzw. herausgegebene Äußerungen aller Art wie Briefe, Verfügungen, Urkunden und Notizen, dazu Äußerungen seiner Zeitgenossen, die an ihn gerichtet waren oder über ihn berichteten. Diese Lieferung nun enthält 506 chronologisch geordnete Quellenstücke (Nr. 3473–3978). In ihnen geht es einmal um die Konsolidierung von Nikolaus’ Herrschaft im Bistum Brixen, ebenso um seine Bemühungen, das geistliche Leben in der Diözese zu reformieren. Dann sind Quellen zur Reichsversammlung 1454 in Regensburg abgedruckt, an der er teilnahm, so dass die Sammlung auch die reichsgeschichtliche Entwicklung dokumentiert. Großes und Kleines stehen nebeneinander. Umfassend wird über den Sonnenburger Streit mit der widerborstigen Äbtissin Verena von Stuben berichtet; Geistliches und Weltliches sind dabei eng verwoben. Weiter ist hinzuweisen auf den regen Gedankenaustausch mit den Tegernseer Mönchen. Ablassgewährungen und Rechnungsbücher nehmen reichlich Raum ein. Die Frequenz seiner Predigten nimmt zu; sie werden verzeichnet, ediert sind sie in den Opera omnia. Beschwerden bzw. Revisionen seiner großen Legationsreise sind aufgenommen, schließlich Quellen zur Regensburger Reichsversammlung, soweit sie Nikolaus betreffen. Sie ergänzen die Dokumentation in der Edition der Deutschen Reichstagsakten.
Auf einige Stücke sei besonders verwiesen. Gleich am Anfang steht der Auftrag, den Papst Nikolaus V. Nikolaus von Kues erteilt, die Tagfahrt der deutschen Stände in Regensburg zu besuchen (Nr. 3473). In Nr. 3487 bittet der Deutschordensprokurator, dass Nikolaus an dem Rechtstag teilnimmt, auf dem der Streit zwischen dem Deutschen Orden und dem Preußischen Bund behandelt wird. Bei Nr. 3511 handelt es sich um zwei Verträge, die die Burg Buchenstein betreffen. Nr. 3536 dokumentiert den Brief von Enea Silvio Piccolomini an Nikolaus über den Streit in Preußen, vor allem aber berichtet er ausführlich über die Eroberung Konstantinopels durch die Türken. In Nr. 3572 bestätigt Nikolaus den Vergleich im Streit zwischen dem Kloster Wilten und der Stadt Innsbruck. Über Friedensbemühungen in Italien und über Kreuzzugsvorbereitungen gibt in Nr. 3622 Giorgio Cesarini Auskunft. Wiederholt sind auch Stücke aufgenommen, die an anderer Stelle bereits ediert wurden, so Nr. 3625, 3793, 3824–3828 u. a. (Briefe zwischen Nikolaus und den Mönchen von Tegernsee). Bei Nr. 3645 f.3652–3655.3689.3693–3695.3737–3739.3853–3855. 3970 u. a. handelt es sich um Schriften im Zusammenhang mit der Visitation des Klosters Sonnenburg. Mehrfach, so in Nr. 3756 und 3792, geht es um die Pfründe des Archidiakonats Brabant, die Nikolaus innehat und abgeben soll. Am 13. Januar 1454 schließt er mit Herzog Sigismund, dem Vogt des Bistums Brixen, ein gegenseitiges Beistandsabkommen (Nr. 3788 f.). Das sollte nicht lange halten, denn bald waren sich beide spinnefeind. Nr. 3861 bietet das Frageraster, das Nikolaus für die Visitation des Brixener Domkapitels erstellt hat. In Nr. 3901 geht es um die Beicht- und Predigtbedingungen, die die Bamberger Mendikanten im Streit mit dem Pfarrklerus einzuhalten haben. Über diese Bedingungen gab es ja im 15. Jh. vielfach Streit. Nr. 3938 dokumentiert, dass Nikolaus Herzog Sigismund auf dem Reichstag in Regensburg vertreten soll. Auffallend, doch nicht neu ist es, dass Enea Silvio Piccolomini und Nikolaus in enger brieflicher Verbindung standen. So gibt Enea in seiner »Historia de dieta Ratisponsi« die Rede wieder, die Nikolaus bei der Eröffnung dieses Reichstages gehalten hat, vor allem wie er auf ihm Partei für den Deutschen Orden nimmt und in seiner »Türkenrede« klagt über die Gefährlichkeit der Türken und über die Schwächung der kaiserlichen Gewalt (Nr. 3954–3958, 3960, 3965–3968). Mehrfach bemüht sich Nikolaus, die Ansprüche des Brixener Hochstifts auf verschiedene Ländereien und andere Rechte zu begründen (so u. a. Nr. 3976). Es zeigt sich dabei, wie intensiv er sich mit der Geschichte seines Bistums beschäftigt hat und dass er feststellen musste, dass in der Vergangenheit zahlreiche Ansprüche aufgegeben worden waren.
Das ist nur eine Auswahl. Viele kleine Notizen lassen Einblick nehmen in das, was im Alltag den Bischof und Kardinal beschäftigte. Manches ist im Wortlaut wiedergegeben, anderes in Regestenform, das meiste aber nur in einer kurzen Inhaltsangabe, z. B.: »1454 Mai 25, Rom St. Peter. Dietrich von Xanten, Mag. art. Und lic. decr., Rektor der Pfarrkirche St. Quirin in Hasselt, Diözese Lüttich, cappellanus ac familiaris continuus des NvK, an Nikolaus V. (Supplik). Er bittet um eine Dispens, zwei mit Seelsorge verbundene Benefizien gleichzeitig innehaben zu dürfen. Nikolaus V. billigt mit: Fiat. – Kopie (gleichzeitig): Rom, Arch. Vat., Reg. Suppl. 472 f. 273 v – Regest: Abert/Deeters, RG VI, Nr. 5458«.
Eine sehr saubere, umfangreiche und mühsame Arbeit ist hier zu einem vorläufigen Abschluss gekommen. Sie enthält viel Material zur Lebensgeschichte des Nikolaus und zu seinem Umfeld sowie zu seiner Theologie, zur Reichsgeschichte und zur Frömmigkeit des späten Mittelalters. Die Herausgeber rechnen damit, dass die Acta noch zehn weitere Faszikel füllen werden. Sie hoffen, in Jahresfrist je ein solches erscheinen lassen zu können. Den Herausgebern und ihren Mitarbeitern sei herzlich für ihre Mühe gedankt.